Montag, 3. Oktober 2016

Zoo Leipzig - Teil 2

Nachdem wir uns im letzten Post ein wenig mit der Geschichte des Leipziger Zoos und dem historischen Gründergarten befasst haben, führt die Reise uns weiter über die Parthe in den neueren Teil des Zoos. Zuvor sehen wir uns aber noch einmal kurz auf dem Aquariumsvorplatz um und statten noch einigen Besucherlieblingen einen Besuch ab: Brillenpinguin und Präriehund.


Aquariumsvorplatz


Nachdem wir das Entdeckerhaus Arche wieder verlassen haben, führt uns unser Weg zurück zum Aquariumsvorplatz. Der 2015 eingeweihte Springbrunnen ist für die Besucher vor allem im Sommer eine willkommene Abkühlung. Direkt daneben befindet sich ein Infobildschirm. Hier können sich Besucher einen Überblick über Tierpatenschaften verschaffen.
Am Aquarium befinden sich noch zwei Freianlagen, die wir bislang unbeachtet ließen. Das eine beherrbergte bis Ende 2013 noch die letzte in Europa gehaltene Baikalrobbe (Pusa sibirica) namens Vera. Mit ihrem Tod wurde die Haltung der Robbenart, die in der Natur ausschließlich am Baikalsee vorkommt, beendet. Seit 2012 beziehen die Brillenpinguine (Spheniscus demersus) die Anlage. Der Brillenpinguin bewohnt ursprünglich die Küstengebiete Südafrikas. Die flugunfähigen Vögel können sich mit bis zu 35 Kilometern pro Stunde durchs Wasser bewegen und jagen dort nach Fischen. Überleben können die Frackträger in der eigentlich tropischen Zone, weil der aus dem Süden kommende Benguela-Strom nährstoff- und sauerstoffreiches Wasser transportiert, das die Grundlage des unermesslichen Fischreichtums ist.
Brillenpinguine (Spheniscus demersus) sind hervorragend an das Leben im Wasser angepasst. Auf der Jagd nach Fischen erreichen sie Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 35 Kilometern je Stunde.
Zum Terrarium gehörte ursprünglich eine Freianlage für die Landschildkröten, welche die Reptilien in den warmen Sommermonaten benutzen konnten. Mit der Neugestaltung des Aquariumsvorplatzes entstand an dieser Stelle jedoch eine neue Freianlage für die bei den Besuchern höchst beliebten Schwarzschwanz-Präriehunde (Cynomys ludovicianus), die zuvor ein Gehege der ehemaligen Raubtierterrassen bewohnt hatten, wegen der Neuentstehung der Themenwelt Himalaya von dort jedoch umziehen mussten.
Der Schwarzschwanz-Präriehund (Cynomys ludovicianus), hier noch auf der alten Anlage der historischen Raubtierterassen, gehört zu den Besucherlieblingen.
Die Nagetiere, deren Heimat ursprünglich die Graslandschaft Nordamerikas ist, können auf ihrer neuen Anlage Bauten in die Erde graben und sich bei drohender Gefahr, oder wenn ihnen das Besucheraufkommen zu stark wird, in ihre Tunnel zurückziehen. In der Natur kann sich das unterirdische Höhlensystem eines Präriehund-Clans über mehrere Quadratkilometer erstrecken, im Zoo müssen die lebhaften Tierchen freilich kleinere Brötchen backen.

Lippenbärenschlucht


Ein von Bambus umsäumter Weg führt uns zur Lippenbärenschlucht, quasi das Tor zur Themenwelt Asien. Ehemals stand an diesem Ort des Zoos das Gehege der Gibbons. Die kleinen Menschenaffen werden heute im Zoo leider nicht mehr gezeigt. Stattdessen verfügen nun also die Lippenbären (Melursus ursinus ursinus) hier über zwei große Freianlagen, eine davon in Vergesellschaftung mit Rhesusaffen (Macaca mulatta). Eine dritte Freianlage befindet sich hinter den Kulissen und ist für die Zoobesucher nicht einsehbar. Der Lippenbär ist ein echter Feinschmecker. Zwar ist er, wie alle Bären, ein opportunistischer Allesfresser, doch stehen auf seinem Speiseplan Termiten und Ameisen ganz oben. In Anpassung an ihre Ernährungsweise fehlen dem Lippenbären die ersten beiden Schneidezähne im Oberkiefer, sie haben im Unterschied zu anderen Bären also nur 40 anstelle von 42 Zähnen. Durch diese Zahnlücke können die Insekten dann wie mit einem Staubsauger ins Maul befördert werden.
Zwei junge Indische Lippenbären (Melursus ursinus ursinus) beim Spielen in der Lippenbärenschlucht.

Altes Vogelhaus


Wir gehen weiter und überqueren die Parthe, den Fluss, der durch den gesamten Zoo mäandert. Der Weg führt uns nun zum Alten Vogelhaus, das mit seiner Klinkeroptik und den engen Käfigen wie aus einer anderen Zeit anmutet. Und tatsächlich entspricht die Haltung in den engen, vergitterten Volieren ganz und gar nicht dem Zeitgeist der modernen Tiergartenbiologie. So verwundert es nicht, dass die Anlage im Zuge des Masterplanes noch verschwinden und an dieser Stelle stattdessen neue Anlagen entstehen sollen. Um die Tiere auch heute schon bestmöglich zu pflegen, wurde der Tierbestand bereits reduziert und Käfige wurden zusammengelegt.
Zu den Publikumslieblingen im Alten Vogelhaus zählen mit Sicherheit die beiden Keas (Nestor notabilis) Unhold und Mücke. Die zu den Nestorpapageien gehörenden Vögel kommen ursprünglich aus Neuseeland und sind dort in der Natur vor allem in den Bergregionen heimisch. Durch eingeschleppte Raubtiere sind die Vögel mittlerweile gefährdet. Die IUCN schätzt die Population gerade einmal noch auf rund 5000 Tiere.
Ebenfalls zu den Papageien gehören die wunderschön gefärbten Allfarb-Gebirgsloris (Trichoglossus haematodus moluccanus). Die bunten Vögel werden seit 2000 in Leipzig gehalten und regelmäßig gezüchtet. Ungewöhnlich für Papageien ist ihre Ernährungsweise. Die Spitze ihrer Zunge ist pinselartig ausgefranst und dient zum Nektarlecken aus Blütenkelchen.
Zu weiteren im Alten Vogelhaus gehaltenen Vogelarten gehören die seltenen Hyazinth-Aras (Anodorhynchus hyacinthinus), Mexikanische Soldatenaras (Ara militaris mexicana), Hellrote Aras (Ara macao) und Orangehauben-Kakadus (Cacatua sulphurea citrinocristata).
Hellrote Aras (Ara macao) gehören zu den bekanntesten Papageien.
Der Kleine Soldatenara (Ara militaris mexicana) ist wie die meisten Papageienvögel sehr sozial.
Der Weg führt weiter, vorbei an einem Bienenkasten rechterseits des Weges und der ehemaligen Pinguinanlage, die heute mit einigen Wasservögeln, darunter Eiderenten (Somateria mollissima) besetzt ist, linkerseits. In der Mitte des Besucherweges steht Leipzigs größte Bronzeplastik: der griechische Argonautenheld Iason, zwei feuerspeiende Stiere vor sich herziehend und Drachenzähne aussäend.
An die Rückseite der Pinguinanlage ist der Überrest der Affenburg angegliedert. Während der größte Teil, der Pavianfelsen, inzwischen abgerissen und dem Neubau der Kiwara-Kopje gewichen ist, ist der zweite Teil aktuell noch mit Wanderus (Macaca silenus) besetzt. Die auch Bartaffen genannten Makaken sollen laut Masterplan ebenfalls in Zukunft eine neue, moderne Anlage erhalten.
Wanderus (Macaca silenus) sind ursprünglich nur in den Westghats in Indien verbreitet und werden in europäischen Zoos nur selten gehalten.

Neues Vogelhaus


An Stelle des ehemaligen Antilopenhauses befindet sich heute das Neue Vogelhaus mit Becken für die Südafrikanischen Seebären (Arctocephalus pusillus pusillus). Durch eine Glasscheibe kann man den schwimmgewandten Wasserraubtieren beim Mühelosen Gleiten durch ihr Unterwasserreich zusehen. Gerade im Sommer, wenn die Sonne stark scheint, hat der Besucher dabei große Mühe, denn dann reicht die Sicht -bedingt durch die reiche Algenblüte- kaum einen Meter weit. Den Tieren selbst macht das jedoch nichts aus, denn sie "sehen" unter Wasser nicht mit den Augen, sondern mit ihren berührungsempfindlichen Tasthaaren. Sie ermöglichen es ihnen, im Wasser kleinste Strömungen wahrzunehmen, sodass sie selbst einen Fisch, der vor mehreren Minuten vorbei geschwommen ist, noch aufspüren können.
Die Seebärenanlage ist an das Neue Vogelhaus angegliedert.
Im Vogelhaus gibt es neben einigen kleineren Vitrinen, die unter anderem mit Blaukrönchen (Loriculus galgulus), Purpurnaschvogel (Cyanerpes caeruleus), Rotkopf-Papageiamadine (Erythrura psittacea) und Luzon-Dolchstichtaube (Gallicolumba luzonica) besetzt sind, eine große Freiflughalle. Die Halle versprüht zwar nicht gerade den Charme modernster Architektur, ist aber durch ihr angenehmes Tropenklima und die barrierefreie Nähe zum Tier jeden Besuch wert. Zu den auffälligsten Tieren in der Halle zählen bestimmt die Rotbrust-Krontauben (Goura scheepmakeri). Sie gehören zu den größten Tauben der Welt und sind wie ihre beiden Verwandten, Krontaube (Goura cristata) und Fächertaube (Goura victoria) nur auf Neuguinea und einigen vorgelagerten Inseln heimisch.
Die Maronenbrust-Krontaube (Goura scheepmakeri) ist eine der größten Taubenarten der Welt.
Durch laute Rufe macht sich der Rotschopf-Turako (Tauraco erythrolophus) bemerkbar. Hat man das Glück, das Tier nicht nur zu hören, sondern auch zu sehen, kann man sich von dessen metallisch-schimmerndem Gefieder verzaubern lassen. Hervorgerufen wird der besondere Glanz durch zwei kupferhaltige Farbpigmente, die bislang nur bei den Turakos nachgewiesen sind.
Das wundervolle Glänzen des Gefieders verdankt der Rotschopfturako (Tauraco erythrolophus) zwei kupferhaltigen Farbstoffen. Turacin lässt Haube und Schwungfedern rot schimmern, Turacoverdin die Flügeldecken grün.
Eine zoologische Rarität ist der Goldscheitelwürger ( Laniarius barbarus), der deutschlandweit nur in Leipzig und in Walsrode gehalten und gezüchtet wird. Ein weiteres "fliegendes Juwel" ist der hübsche Elfenblauvogel (Irena puella). Die Art zeigt einen ausgeprägten Geschlechtsdimorphismus. Während der Hahn unterseits schwarz, oberseits kräftig dunkelblau gefärbt ist, erstrahlt die Henne gänzlich in einem hellen Türkis.
Der Goldscheitelwürger (Laniarius barbarus) wird in Leipzig sogar gezüchtet.
Beim Elfenblauvogel (Irena puella) zeigt sich ein ausgesprochener Sexualdimorphismus. Auf dem Bild ist ein Männchen zu sehen.
In einem kleinen, abgetrennten Gehege lebte lange eine Art, die sonst in keinem anderen deutschen Zoo gehalten wird, die Südliche Riesenborkenratte (Phloeomys cumingi). In Leipzig gelang 2009 sogar die weltweite Erstzucht dieser großen Nagetierart. Aktuell wird das Gehege von einem Paar Sri-Lanka-Riesenhörnchen (Ratufa macroura) bewohnt, eine Tierart, die europaweit nirgendwo anders als in Leipzig zu finden ist und somit eine echte Rarität darstellt!
Kurz vor Verlassen des Vogelhauses fällt unser Blick noch auf ein paar kleine Terrarien, in denen einige Wirbellose gepflegt werden. Hier können neben einigen Vogelspinnen unter anderem Rosenkäfer (vermutlich Kongo-Rosenkäfer der Unterart Pachnoda marginata peregrina) betrachtet werden.
Die Kraushaar-Vogelspinne (Brachypelma albopilosum) gehört zu den im Neuen Vogelhaus gepflegten Wirbellosen.

Im dritten Teil unseres Zooportraits geht es in die Tropen. Dann nämlich nehmen wir uns Europas größte Tropenhalle, das Gondwanaland, vor.

Literatur


Engels, Sandra: Funktionelle Morphologie des Schädels und der Bezahnung der Ursidae. Diplomarbeit im Fachbereich Biowissenschaften, Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main 2007

BirdLife International. 2012. Nestor notabilis. The IUCN Red List of Threatened Species 2012: e.T22684831A38993727.http://dx.doi.org/10.230/IUCN.UK.2012-1.RLTS.T22684831A38993727.en, abgerufen am 02.10.2016

http://wildpro.twycrosszoo.org/S/0MCarnivor/ursidae/melursus/Melursus_ursinus/02Melursus_ursinusAMHead.htm, abgerufen am 02.10.2016

Zootierliste.de: Trichoglossus haematodus moluccanus (Gebirgslori), abgerufen am 02.10.2016

Zootierliste.de: Laniarius barbarus (Goldscheitelwürger), abgerufen am 02.10.2016

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